Bei Medizinprodukten, die in der EU verkauft werden sollen, sind nach der neuen Medizinprodukteverordnung (MDR) der EU strengere sprachliche Anforderungen einzuhalten. Zudem liegt es nun auch in der Verantwortung der einzelnen EU-Mitgliedstaaten festzulegen, in welchen Sprachen die Produktinformationen jeweils bereitgestellt werden müssen. In diesem Artikel zeigen wir Ihnen, welche Sprachen in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten gemäß den sprachlichen Anforderungen der EU MDR akzeptiert sind.
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Nach unserem englischsprachigen Artikel zu den sprachlichen Anforderungen für in der EU verkaufte Medizinprodukte nach der neuen EU-Medizinprodukteverordnung (MDR 2017/745/EU), schauen wir uns nun die praktische Umsetzung in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten an. Laut MDR müssen die für Patienten und/oder Anwender bestimmten Informationen, die ein Medizinprodukt begleiten, in einer oder mehreren Amtssprachen der EU bereitgestellt werden. Jeder EU-Mitgliedstaat legt selbst fest, welche Amtssprache (auch mehrere) im jeweiligen Staat verwendet werden muss.
Was soll mit den sprachlichen Anforderungen der EU MDR in der Praxis erreicht werden?
Zweck der MDR ist vornehmlich die Patientensicherheit, die unter anderem auch über die sprachlichen Anforderungen der EU MDR erreicht werden soll. Diese stellen sicher, dass alle Produktinformationen vom vorgesehenen Leser vollständig verstanden werden.
Dies wiederum wird gewährleistet durch:
- • die Auswahl einer oder mehrerer Amtssprachen, die für den Leser leicht verständlich sind, und
- • ein Maß an fachlicher Tiefe, von dem vernünftigerweise erwartet werden kann, dass es sich für den Leser in Anbetracht seiner technischen Kenntnisse, Erfahrung, Ausbildung oder Schulung eignet.
Die EU-Mitgliedstaaten müssen vor diesem Hintergrund nicht nur festlegen, welche Sprache(n) sie akzeptieren wollen, sondern auch bestimmen, welche Art von Informationen in der jeweiligen Sprache vorgelegt werden dürfen.
Schauen wir uns aber zunächst die Amtssprachen der EU an.
Welche Amtssprachen gibt es in der EU?
Die EU hat derzeit 24 Amtssprachen: Bulgarisch, Dänisch, Deutsch, Englisch, Estnisch, Finnisch, Französisch, Griechisch, Irisch, Italienisch, Kroatisch, Lettisch, Litauisch, Maltesisch, Niederländisch, Polnisch, Portugiesisch, Rumänisch, Schwedisch, Slowakisch, Slowenisch, Spanisch, Tschechisch und Ungarisch. Als Verfahrenssprachen in der EU-Kommission sowie im Arbeitsalltag der EU-Organe nehmen Englisch, Französisch und Deutsch eine Sonderrolle ein. Im Europäischen Parlament sind dagegen alle Amtssprachen der EU als Arbeitssprachen anerkannt.
Irisch ist zwar bereits seit 2007 EU-Vertragssprache, aufgrund einer Ausnahmeregelung jedoch erst seit dem 1. Januar 2022 EU-Amtssprache, sodass Irisch nunmehr den gleichen Status wie andere Amts- und Arbeitssprachen der EU-Organe genießt.
Daneben gibt es in mehreren EU-Mitgliedstaaten weitere Amtssprachen oder Ko-Amtssprachen, die jedoch nicht als EU-Amtssprachen anerkannt sind. Anschaulich wird das am Beispiel Spanien, wo Spanisch Amtssprache und EU-Amtssprache ist. In einzelnen Regionen sind daneben aber noch vier weitere Sprachen ebenfalls als Amtssprache anerkannt, ohne jedoch EU-Amtssprache zu sein. Etwas anders liegt der Fall beim Luxemburgischen, das in ganz Luxemburg neben Französisch und Deutsch Amtssprache ist, jedoch nicht als EU-Amtssprache anerkannt wird. Ähnlich in Zypern, wo neben Griechisch ebenfalls Türkisch Amtssprache ist, diesen Status in der EU jedoch nicht hat. Luxemburgisch und Türkisch sind damit die einzigen beiden landesweiten Amtssprachen eines EU-Mitgliedstaats, die nicht gleichzeitig auch EU-Amtssprache sind.
Im Rahmen der sprachlichen Anforderungen der EU MDR sind daher nur die 24 oben genannten Sprachen relevant.
Warum können für Patienteninformationen ggf. andere Sprachen gewählt werden als für Informationen, die sich an professionelle Anwender richten?
Wie oben bereits kurz erklärt, muss jeder einzelne EU-Mitgliedstaat die Sprache oder Sprachen auswählen, die vom vorgesehenen Leser in diesem Staat leicht verstanden werden. Bei einem Patienten wird dies beinahe immer die Amtssprache bzw. eine der Amtssprachen des EU-Mitgliedstaats sein, in dem der Patient lebt. Gleichzeitig ist dies mit hoher Wahrscheinlichkeit auch seine Muttersprache oder wenigstens die Sprache, die er für gewöhnlich verwendet. Dies stellt sicher, dass der Patient vollständig versteht, wie das Produkt sicher und effizient gebraucht wird.
Allerdings sehen einige EU-Mitgliedstaaten bei Medizinprodukten, die ausschließlich von in Gesundheitsberufen tätigen Anwendern verwendet werden, auch gewisse Ausnahmen vor. Hier wird erwartet, dass die professionellen Anwender die jeweilige(n) Fremdsprache(n), meist Englisch, ausreichend beherrschen, um die Produktinformationen vollständig zu verstehen. Der Vorteil solcher Ausnahmen ist, dass in diesen Fällen die Informationen nicht übersetzt werden müssen. Das Produkt kann so schneller und zu geringeren Kosten in Verkehr gebracht werden.
Welche Sprachen werden in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten infolge der sprachlichen Anforderungen der EU MDR akzeptiert?
Die folgende Tabelle gibt Auskunft über die Sprachen, die in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten nach den sprachlichen Anforderungen der EU MDR akzeptiert werden.
EU-Mitgliedstaat | Für Laie | Für professionelle Anwender |
Belgien | Französisch und Niederländisch und Deutsch | Englisch oder Französisch oder Niederländisch oder Deutsch, unter bestimmten Bedingungen* |
Bulgarien | Bulgarisch | Bulgarisch |
Dänemark | Dänisch, Ausnahmen zulässig* | Dänisch, Ausnahmen zulässig* |
Deutschland | Deutsch | Deutsch oder Englisch oder eine andere Sprache, unter bestimmten Bedingungen* |
Estland | Estnisch | Estnisch, Ausnahmen zulässig* |
Finnland | Finnisch oder Schwedisch | Finnisch und Schwedisch oder Finnisch und Schwedisch und Englisch, unter bestimmten Bedingungen* |
Frankreich | Französisch | Französisch |
Griechenland | Griechisch | Griechisch oder Englisch, unter bestimmten Bedingungen* |
Irland | Englisch oder Englisch und Irisch | Englisch oder Englisch und Irisch |
Italien | Italienisch | Italienisch |
Kroatien | Kroatisch | Kroatisch und/oder Englisch |
Lettland | Lettisch | Lettisch |
Litauen | Litauisch | Litauisch |
Luxemburg | Französisch oder Deutsch oder Luxemburgisch | Französisch oder Deutsch oder Luxemburgisch oder Englisch |
Malta | Maltesisch und/oder Englisch | Maltesisch und/oder Englisch |
Niederlande | Niederländisch | Niederländisch oder Englisch, unter bestimmten Bedingungen* |
Österreich | Deutsch | Deutsch oder Englisch |
Polen | Polnisch oder Polnisch und Englisch, unter bestimmten Bedingungen* | Polnisch oder Englisch, unter bestimmten Bedingungen* |
Portugal | Portugiesisch | Portugiesisch |
Rumänien | Rumänisch | Rumänisch oder Englisch, unter bestimmten Bedingungen* |
Schweden | Schwedisch, Ausnahmen zulässig* | Schwedisch, Ausnahmen zulässig* |
Slowakei | Slowakisch | Slowakisch |
Slowenien | Slowenisch | Slowenisch, Ausnahmen zulässig* |
Spanien | Spanisch | Spanisch |
Tschechische Republik | Tschechisch | Tschechisch |
Ungarn | Ungarisch | Ungarisch |
Zypern | Griechisch | Griechisch oder Englisch |
Haftungsausschluss: Die Angaben in der Tabelle dienen lediglich der Information und beruhen auf amtlichen und nichtamtlichen Übersetzungen. Daher sollte stets die originale, rechtsverbindliche Sprachversion konsultiert werden. Wenden Sie sich im Zweifel an die zuständige Behörde des jeweiligen EU-Mitgliedstaats. Alle Angaben sind zum Zeitpunkt der Veröffentlichung zutreffend.
Dieser Artikel befasst sich ausschließlich mit für den Patienten und/oder Anwender bestimmten Informationen, wie etwa Gebrauchsanweisungen, die zusammen mit einem Medizinprodukt bereitgestellt werden. Bitte beachten Sie, dass Vorgaben zur technischen Dokumentation, wie etwa zu EU-Konformitätserklärungen, dagegen je nach EU-Mitgliedstaat abweichen können.
Sind für Sie vielleicht auch die sprachlichen Anforderungen der europäischen Verordnung für In-vitro-Diagnostika (IVDR) interessant? Diese waren kürzlich Gegenstand unseres Artikels zum Thema „Welche sprachlichen Anforderungen stellt die EU IVDR und welche Sprachen werden in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten akzeptiert?“.
Brauchen Sie ausführlichere Informationen?
Weiterführende Informationen zu den Sprachen für die Produktinformationen, die in den 27 EU-Mitgliedstaaten, Island, Norwegen und Liechtenstein und der Schweiz nach den Anforderungen der EU MDR/IVDR verlangt werden, finden Sie in unserer Liste der EU MDR/IVDR-Sprachanforderungen (Kennzeichnung und Gebrauchsanweisung). Wo zweckmäßig, enthält sie Auszüge aus den nationalen Gesetzen und Leitlinien der zuständigen Behörden in englischer Übersetzung sowie Links zu den Quellen. Die Liste können Sie in unserem Store als Einzeldokument oder im Paket zusammen mit den EU MDR/IVDR-Sprachanforderungen (Konformitätserklärung) erwerben.
2 Comments
Dear Madams and Sirs,
For the MDR & IVDR language requirements spreadsheet you offer, will there also be a free update if there are regulatory changes?
Best Regards
JC
Thank you for your question.
We aim to update this document at least every three months to make sure it includes the most recent information. For example, the most recent update included new details for Italy and Poland which now have new medical device acts. We email a complimentary copy of the document to all companies who have purchased it whenever a new version becomes available.
I hope this answers your query, but please let me know if you need more information.
Kind regards,
Kasia